Imam Ali Foundation – Soziale Arbeit für Kinder in Karaj

Für Studenten der Sozialen Arbeit ist es immer spannend zu erfahren, wie verschiedene soziale Einrichtungen arbeiten. Umso spannender ist es natürlich zu sehen, wie Soziale Arbeit außerhalb von Deutschland und Europa aussieht. Als wir unsere Überlegungen dazu geäußert haben, ein soziales Projekt im Iran zu besuchen, wurde uns die Imam Ali’s Popular Student Relief Society empfohlen. Das Projekt hat allein sechs Standorte in Teheran. Mit einem Blick auf die Karte und die Website, fiel unsere Wahl zum Besuch auf ein „Iranian House“ in Karaj, einer Stadt mit 1,96 Millionen Einwohnern westlich von Teheran.

 

Karaj House

Wir waren uns nicht sicher, was uns in Karaj erwarten würde. Allerdings waren wir im Vorhinein von der Koordinatorin mehrfach vorgewarnt worden, uns nicht alleine in dem Stadtteil aufzuhalten, da die Iranian Houses mitten in den bedürftigsten Stadtteilen lägen, in denen man es nicht gewohnt sei, Touristen zu sehen. Außerdem wurden wir auch mehrfach darauf hingewiesen, dass es gut wäre, wenn uns einige Iraner begleiten würden, damit wir in dem Stadtteil sicher seien. Auch die Kleiderregeln, insbesondere für uns Frauen, legte die Koordinatorin uns nochmals besonders ans Herz, damit wir so wenig Aufsehen wie möglich erregten. Entsprechend machten wir uns mit gemischten Gefühlen auf den Weg zu dem Haus, das versteckt inmitten dem Wirrwarr an kleinen Straßen lag, durch die auch der Taxifahrer zunächst den Weg nicht fand.

img_2013Erst einmal angekommen, klopften wir beherzt an die blau-weiße Tür, die in eine Mauer eingelassen war. Erst einmal in den durch die Mauer geschützen Vorhof geschlüpft wurden wir von den Mitarbeiterinnen und Kindern herzlich begrüßt und von den Kindern mit offener Neugier gemustert und bis zum Haus verfolgt und begleitet. In Karaj House kümmern sich die Mitarbeiterinnen um Kinder aus zerrütteten Verhältnissen, die teilweise Waisen sind, teils aus Familien kommen, in denen die Eltern drogenabhängig sind. Nicht selten werden die Kinder so zur Arbeit gezwungen (zum Beispiel zum Verkauf von Wasser in den U-Bahnen oder Arbeit auf Feldern), entweder um zu überleben oder um die Drogensucht der Eltern zu finanzieren.

In Karaj House werden die Kinder jeden Tag mit kostenlosem warmen Essen versorgt. Außerdem wird die Gesundheitsversorgung durch Ärzte sichergestellt. Die Kinder werden außerdem psychologisch betreut. Einen Hauptteil der Arbeit in Karaj House macht das „Teaching Love Program“ aus, indem die Kinder spielerisch unterrichtet werden und so Bildung erhalten. Genauso sind Theater, Musik und Kunst feste Bestandteile in Karaj House. um den Bedürfnissen der Kinder gerecht zu werden. Die Mitarbeiterinnen haben uns Bilder gezeigt, die die Kinder auf Glas gestaltet haben und die regelmäßig auf Märkten zum Verkauf angeboten werden. Das eingenommene Geld geht zu 100% an die Kinder, bzw. deren Familien, wobei mit den Familien vereinbart wurde, dass dieses Geld nur für die Bedürfnisse der Kinder aufgewendet werden darf.

img_2011Waisenkinder werden in den Häusern aufgenommen, die Kinder aus Familie kommen nur für das Programm und gehen danach wieder zu ihren Familien. Allein in Karaj House sind ca. 110 bis 200 Kinder und es helfen 100 bis 150 ehrenamtliche Mitarbeiter. Besonders berührt hat uns der liebevolle Umgang der Mitarbeiter mit den Kindern und die Bemühungen, dass sie nicht als mittellose bedürftige Kinder dargestellt werden, sondern dass sie wertvolle Persönlichkeiten mit eigenem Charakter sind.

Die Frage in der Sozialen Arbeit ist natürlich immer, wie man den Erfolg misst. Genau wie bei uns ist das auch im Iran nicht einfach. Was definitiv als Erfolg verbucht werden kann, sind Geschichten wie die von Mina, deren Eltern selber drogensüchtig waren. Heute studiert sie Buchhaltung und engagiert sich ehrenamtlich bei der Imam Ali Society. Auch die Geschichten von ehemaligen Kinderarbeitern, die bei der Imam Ali Society landen und es schaffen, in die Universität zu kommen und zu studieren sind Erfolge der Society.

Besonderes Highlight nach unserem gefühlten sehr kurzen Besuch in Anbetracht der vielfältigen Arbeit war auch das gemeinsame Gruppenfoto mit den Kindern und Mitarbeiterinnen aus Karaj House.

Was wir von unserem Besuch mitgenommen haben, ist, dass iranische Soziale Arbeit, zumindest bei der Imam Ali’s Popular Student Society, sich im Grunde nicht von Sozialer Arbeit in Deutschland unterscheidet und mit Sicherheit ein unterstützenswertes Projekt ist, das eine wichtige und beeindruckende Arbeit genau dort leistet, wo sie nötig ist.

 

Iranian Houses – die Unterstützungshäuser

img_2012Die Vision für die Iranian Houses ist es, „ein Zufluchtsort für jeden iranischen Bewohner zu sein, der unter Verfolgung und Armut leidet. Sie sind die Quelle der Hoffnung für jeden Menschen, der Schwierigkeiten in seinem Leben hat, aufgrund von Mängeln und Defiziten. Sie habe ihre eigene iranische Identität, die sich aus reiner Hoffnung, Brüderlichkeit, Frieden und Zuneigung zusammensetzt“ (original Zitat in Englisch aus der Stiftungsdokumentation). In den Iranian Houses findet die Hauptarbeit der Society statt.
Bevor die Häuser gegründet werden, macht sich die Society für längere Zeit (bis zu einem Jahr) mit Kontaktarbeit im Stadtteil bekannt, um das Vertrauen der Bewohner zu bekommen und arbeiten zu können, ohne das die Eltern ihren Kindern verbieten zu dem Projekt zu gehen.

 

Imam Ali’s Popular Student Relief Society

Das Projekt wurde 1999 von Sharmin Meymandinejad, einem Lehrer der Sharif University of Technology, gegründet und bestand zunächst aus Sharmin Meymandinejad und einigen Studenten der Sharif University. Die Vision der Society ist eine gesunde internationale Gesellschaft, die auf Menschenrechten, Chancengleichheit, Recht und Ehrlichkeit basiert und sich auf die Bedürfnisse von Kindern fokussiert.

Das Hauptziel der Society ist es, Armut zu reduzieren. Die Hauptprojekte auf dem Weg dahin sind

  1. Etablierung und Eröffnung von „Iranian Houses“
  2. Programme zur Verteilung von kostenlosem Essen
  3. Programme zur Bildung
  4. Kinderrechte
  5. Frauenrechte
  6. Programme zur Gesundheitsversorgung
  7. „Happiness Festivals“
  8. Programme zur Familienhilfe insbesondere bei Drogen und Sucht
  9. Programme für Kunst und Sport.

 

Das Projekt möchte bewusst unabhängig sein und finanziert sich nur durch Spenden. Von den Lehrern, über die Ärzte und Techniker bis hin zur NGO engagieren sich alle komplett ehrenamtlich.

(Linn Kaßner)

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