Kino als Missionswerk: Durch Filmblockbuster über Gott ins Gespräch kommen (21.10.2015, Kassel)
Wie können Filme im Religionsunterricht so eingesetzt werden, dass sie nicht nur Unterhaltungselement sind, sondern zum Nachdenken und Reflektieren einladen? Welche Filme bieten sich dafür an? Müssen es dezidiert religiöse Filme sein oder dürfen auch Blockbuster oder sogar Actionfilme berücksichtigt werden?
In seinem öffentlichen Vortrag am Fachbereich Geistes- und Kulturwissenschaften an der Universität Kassel wies Stefan Piasecki auf die vielfältigen Anknüpfungspunkte hin, die „erzählte Geschichte“ in heiligen Schriften wie auch in modernen Medien bietet. Filme wie „The Purple Rose of Cairo“ (1985, Woody Allen) zeigten unterhaltsame Grenzüberschreitungen zwischen Film- und Realwelt und fragen danach, was denn wohl geschehe, wenn geheime Wünsche von Filmzuschauern wahr würden, die Leinwand sich öffnete und plötzlich ein Übertritt erfolgte?!
Einleitend konnten Erzählperspektiven, Zielgruppen und Erzählerintentionen beispielhaft anhand verschiedener Motive der Jesuserzählung dargelegt werden.
Filme sind, wie andere Medien zuvor, Träger und Vermittler gesellschaftlicher Narration und von „Bildern“, die Menschen in sich tragen und über die sie sich austauschen, die so ihre bereits vorhandenen Weltbilder reaktualisieren und neue erzeugen. Mythen, Glorifizierungen, Bilderstürme und das Bild als moderne „Marke“ der Konsum- und Werbeindustrie verdeutlichen die Macht des Bildes, das ohne Betrachter und dessen Interpretationsleistung nichts anderes ist als eine reine Sammlung von Farbflecken.
Rückbezüge auf traditionelle Mythen und Narrationen nimmt auch die moderne Filmproduktion vor, die kunstgerecht und detailliert produziert, was weltweit möglichst breit verständlich und kulturkompatibel vermarktet werden kann.
Gerade dieser Punkt solle hingegen nicht allein kritisiert werden, sondern könne ebenso zur interkulturellen und interreligiösen Betrachtung einer Produktion aus unterschiedlichen Blickwinkeln einladen. Teilnehmer gerieten so ins Gespräch miteinander über Inhalte, die aus einem bestimmten kulturellen Blickwinkel aufscheinen.
Semiotische Analysen der filmischen Zeichencodes erlauben die Dekonstruktion eines Films und Freilegung seiner Strukturen. Eine Herausarbeitung von Handlungszyklen und der filmischen Aktstrukturen mache die Identifikation von unterrichtsrelevanten Höhe- und Wendepunkten möglich und erlaube vielfältige Fragestellungen mit Rückbezug in die Lebensrealitäten von Schülerinnen und Schülern.
Mit kurzen Szenen aus dem aktuellen Actionfilm „Chappie“ (Neill Blomkamp, 2015) wurde belegt, dass auch extrem jugendaffine Produktionen eine große Vielfalt an existenziellen und „Letztfragen“ beinhalten, die damit zur religionspädagogischen Reflexion einladen.
Der Vortrag wurde gem. §10 der Allgemeinen Bestimmungen für Habilitationen an der Universität Kassel mit einem wissenschaftlichen Gespräch abgerundet.